Der umstrittene Gemeinderatsbeschluss
Im Eingangsbereich des Luftkur- und Naherholungsortes Wilhelmsfeld liegen von Neckar- und Rheintal kommend 6,4 ha Wiesen- und Ackerland. Diese waren bisher als Sondernutzungsgebiet ausgewiesen und damit baulich ausschließlich zu Kur- und Heilzwecken nutzbar, nun sollen sie neu überplant werden. Auf der folgenden Luftbildaufnahme ist das Gebiet rot umrandet.
Das Protokoll des entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 24.11.2020 stellt zu Zielen und Zwecken der Bebauungsplan-Aufstellung fest:
„Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes „Schriesheimer Hof“ sollen die städtebaulichen Rahmenbedingungen für die Ansiedlung eines Nahversorgungsmarktes bzw. anderer, sich in die städtebauliche Struktur einfügenden gewerblich geprägten Betriebe geschaffen werden.“
Mit dieser Zielsetzung wird festgelegt, dass das Gebiet zu einem allgemeinen Gewerbegebiet umgewidmet werden soll.
Das Bürgerbegehren
Gegen diesen Aufstellungsbeschluss zur Planung einer geordneten gewerblichen Bebauung hat die B.I.S. ein Bürgerbegehren angestrengt.
Dieses wurde durch 541 abgegebene Unterschriften unterstützt, von denen durch die Gemeindeverwaltung 520 anerkannt wurden. Bei den nicht anerkannten Unterschriften handelte es sich um solche von in Wilhelmsfeld nicht wahlberechtigten Personen.
Somit haben sich gut 20% der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger dafür ausgesprochen, einen Bürgerentscheid über die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses zur Aufstellung des Bebauungsplanes „Schriesheimer Hof“ durchzuführen. Das entspricht der dreifachen Anzahl des notwendigen Quorums von 7% Zustimmung.
In der Sitzung vom 30.03. 2021 hat der Gemeinderat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt und die Durchführung eines entsprechenden Bürgerentscheids beschlossen.
Der Bürgerentscheid wird am 26. September gemeinsam mit der Bundestagswahl stattfinden.
Die Stellungnahme der B.I.S. in der Gemeinderatssitzung vom 30.03. zur Einbringung des Bürgerentscheids lesen sie hier.
Der Bürgerentscheid
Gemeinsam mit der Bundestagswahl am 26. September 2021 findet nun ein Bürgerentscheid statt. Dabei kann nicht differenziert über einen Bebauungsplan entschieden werden, sondern nach § 21 der Gemeindeordnung nur über eine einzige Fragestellung abgestimmt werden. Die Frage des Bürgerentscheids lautet:
„Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 24.11.2020 zur Aufstellung
eines Bebauungsplans für das Gebiet ”Schriesheimer Hof” aufgehoben wird?“
Die Form des Bürgerentscheids
Der Bürgerentscheid selbst findet in Form einer Kommunalwahl statt. Mit Wahlbenachrichtigung, Wahlunterlagen und der Möglichkeit zur Briefwahl.
Zum Ausgang des Bürgerentscheids sieht §21, Absatz 7 der Gemeindeordnung folgendes vor:
„Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 20 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat die Angelegenheit zu entscheiden.“
Das heißt, die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, aber mindestens 20% der Stimmen der Wahlberechtigten, muss für das Anliegen, den Gemeinderatsbeschluss für die gewerbliche Nutzung des Geländes am Schriesheimer Hof aufzuheben, erreicht werden.
Die Begründung für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Im Zuge des Aufstellungsbeschlusses wurde auch ein Beschluss über die Form der Bürgerbeteiligung gefasst. Das mag zwar juristisch korrekt sein. Fällt aber der Gemeinderat zuerst einen Beschluss und werden die Bürger erst anschließend in große Vorhaben formell einbezogen und ihre Bedenken angehört, können sie am Ende nur noch über Details mitentscheiden, nicht aber über eine grundsätzliche Zustimmung oder Ablehnung des Vorhabens. Ein Bürgerentscheid kann dabei nur gegen des Aufstellungsbeschluss, nicht aber gegen die Bauplanung selbst angestrebt werden.
Die Bürgerinitiative Schriesheimer Hof fordert dagegen einen öffentlichen, transparenten und ernsthaften Bürgerdialog vor einer Beschlussfassung für einen Bebauungsplan dieser Größe am Ortseingang.
Die Gründe für die Ablehnung des Planes zur gewerblichen Bebauung sind vielfältig und werden in ihrer ganzen Komplexität auf den unterschiedlichen Seiten dieser Homepage dargestellt.
Bedarfsermittlung vor Planaufstellungsbeschluss
Es wurde die Aufstellung eines Bebauungsplanes von 6,4 ha in Auftrag gegeben für ein Gelände, das nach Aussage des beauftragten Planers für Wohnhausbebauung ungeeignet ist und dafür auch nicht vorgesehen sei. Folglich wird ein Gebiet zur Gewerbeansiedlung geplant, ohne zuvor den örtlichen Bedarf erhoben zu haben. Dieser hätte in der Gemeinderatssitzung am 24.11.2020 vorgestellt werden müssen. In der Gemeinderatssitzung und den anschließenden Berichten der Fraktionen im Amtsblatt vom 02.12.2020 wurde lediglich von einer „langfristigen Sicherung der Nahversorgung“ und „Flächen für den Einzelhandel“ sowie „Mobilitätsstationen, bei denen Fahrzeuge abgestellt werden können“, gesprochen. Selbst wenn der entsprechende Bedarf bestünde, ist dafür nicht die Planung eines derart großen Areals notwendig, auch nicht, wenn sich beim weiteren Planungsverfahren Teilflächen als für diese Zwecke ungeeignet herausstellen sollten.
In späteren Veröffentlichungen jedoch – so in den Amtsblättern vom 20.01. und 27.01.2021 – wurde über das Ziel, „kein Industriegebiet, sondern ein Gebiet, in dem Wohnen und Gewerbe nebeneinander möglich sind“ entwickeln zu wollen, berichtet. Eine andere Formulierung lautet: „Im Verfahren ist zu prüfen, ob das Gelände ein Wohn-, Misch- oder Gewerbegebiet formal wird.“ Das lässt die eigentlichen Ziele der Bebauung noch mehr im Ungefähren.
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Wir befürchten, dass ein großer Supermarkt, gesprochen wurde von einem Discounter, zu einer Gefährdung der vorhandenen Einzelhandelsbetriebe in unserer kleinen Gemeinde und damit zu einer weiteren Entkernung der Ortsmitte führt. Die Ansiedlung eines solchen Marktes mag zwar über die erhofften Gewerbesteuereinnahmen zum Vorteil der Gemeindekasse sein, geht aber zu Lasten der wirtschaftlichen Existenz der Wilhelmsfelder Einzelhändler oder ist zumindest mit massivem finanziellen Nachteil für mehrere Wilhelmsfelder inhabergeführten Familienbetriebe verbunden. Müssen diese Betriebe aufgeben, führt das zu einer weiteren Ausdünnung des örtlichen Einzelhandels und zu einer sozialen Verödung der Ortsmitte.
Ökologisch wertvolle Flächen könnten verschwinden
In den Kommentaren der Fraktionen ist auch zu lesen, dass „die Interessen von potentiellen Unternehmern zeigen müssen, was letztendlich an Entwicklungspotentialen in einem Gebiet wie dem Schriesheimer Hof gehoben werden kann“. Sollen tatsächlich ökologisch wertvolle Wiesen- und landwirtschaftlich beanspruchte Ackerflächen einer ungewissen Zukunftsplanung geopfert werden, für die ein Bedarf nach Fertigstellung der Planung erst geweckt werden muss?
Der Flächenverbrauch sollte unseres Erachtens unter Berücksichtigung der örtlichen ökologischen Gegebenheiten sowie des Natur- und Klimaschutzes so gering wie möglich gehalten werden.
Oder man sieht von einer unnötigen Planung ganz ab.
Zur ökologischen Bewertung lesen Sie weiter im Kapitel „Fakten – Argumente für einen Bürgerentscheid“
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